Wissen rundum greifbar machen

Marlis Prinzing, Hochschule Macromedia Köln

Was treibt die Welt „da draußen“ um? Welche Fragen stellen sich? Und welche dieser Fragen richten sich an die Kommunikations-und Medienwissenschaft? Bei der Bewertung von wissenschaftlichen Leistungen, bei Veröffentlichungen, Ausgründungen, Drittmitteleinwerbungen und teils über Denominationen gewinnen in nahezu allen Fachkulturen solche Fragen nach der neben Forschung und Lehre „Dritten Mission“ von Hochschulen (endlich) zunehmend Gewicht. Der Auftrag richtet sich an Universitäten, an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften, an Voll-Unis ebenso wie an fachgebietsbezogene. 

Die Regierungskoalition von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP will Wissenschaftskommunikation systematisch stärken; im März wurde ihr Antrag (20/10606) im Bundestag beraten und an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung überwiesen. Der Antrag signalisiert, dass die Bedeutung der Wissenschaft-Praxis-Brücke mehr ins Bewusstsein der Politik rückt, zeigt aber auch, dass die Vielfalt von Wissenstransfer übersehen wird. Wissen kommunizieren ist zweifellos ein wichtiger Baustein für im Antrag formulierte Anliegen wie z. B. auf wissenschaftliche Evidenz bauende demokratische Prozesse zu fördern, das Vertrauen von Menschen in Wissenschaft und damit ihre Resilienz zu stärken sowie Transferleistungskriterien in der Forschungsförderung aus Bundesmitteln zu verankern. Aber Third Mission ist mehr. Sie ist kein Synonym für Wissenstransfer, sondern eher ein Oberbegriff für ein aktives Verflechten von Hochschule und außerhochschulischer Umwelt, das den Transfer von Wissen und Technologie, Weiterbildung und gesellschaftliches Engagement umfasst, beschreiben Roessler und Hachmeister (2021). Wissenstransfer im Kontext der Third Mission kann in eine oder in mehrere Richtungen sowie wechselseitig erfolgen. Das Thema ist nicht neu, hat aber Auftrieb. 

Die Covid-Pandemie als gesellschaftliche Herausforderung illustrierte, wie Gesellschaft, Politik und Wissenschaft gewinnbringend zusammenwirken können (sowie, wo Fallstricke sind) und war ein Hebel, um Third Mission und Wissenstransfer voranzubringen. Roessler und Hachmeister beschreiben weitere Hebel: Eine „Kultur des Ermöglichens“ schaffen, Institutionen und Personen über ihre Transferstärke positionieren, diese messbar machen (z. B. entlang des FIFTH-Modells – „Facetten von und Indikatoren für angewandte Forschung und Third Mission für angewandte Wissenschaften“, www.che.de/ third-mission) und darauf die hochschulrechtlich verlangte Auskunftsfähigkeit gegenüber der Öffentlichkeit stützen. 
Wissenstransfer kann Innovations- und Technikfolgen wirtschaftlich, gesellschaftlich, politisch, technisch, publizistisch erfassen, Innovationen werteorientiert entwickeln sowie evidenzbasiert aktuelle Fragen der Gesellschaft, Branchen oder Unternehmen beantworten. Basis solcher Denk- und Handlungsweisen ist ein Wissenschaftsverständnis, das mehrere Zugänge verbindet: Open Science-Vorstellungen, Transformative Wissenschaft und Öffentliche (Kommunikations-)Wissenschaft. Darauf lassen sich Brücken bauen – zwischen Hochschulen und zivilgesellschaftlichen Einrichtungen, Hochschulen und Medienhäusern. Brücken, die zu multidisziplinären, internationalen Projektteams führen und das Methodenspektrum erweitern, wie z. B. im Lokaljournalismus-Projekt „Towards responsible AI in Journalismus“, wo Hochschulen und ein Medienhaus mit „Design Thinking-Methoden“ innovative Werkzeuge entwickeln. 

Referenzen: 
Antrag der Regierungskoalition vom 12.03.2024: https://dserver.bundestag.de/btd/20/106/2010606.pdf 

Beispielprojekt „Towards responsible AI in Journalism“ (im internationalen Team: Hochschulen, VW-Stiftung, Rheinische Post) https://www.algorithmic.news/ 

Roessler, I. & Hachmeister, C. (2023): Wissenstransfer als Bestandteil der Third Mission der Hochschulen. In: Schmidt, U. & Schönheim, K. (Hg.) (2021): Transfer von Innovation und Wissen, Springer VS. https://doi. org/10.1007/978-3-658- 33667