Transformative Forschung für die Kommunikationswissenschaft
 

Christopher Buschow

 

Christopher Buschow, Hamburg Media School/Technische Universität Hamburg

Um einen wirkungsvolleren Einfluss in der Gesellschaft zu erzielen, sollte die Kommunikationswissenschaft ihren Transferbegriff überdenken. Anstelle einer linearen Weitergabe von wissenschaftlichem Wissen in außerwissenschaftliche Kontexte sollte sie eine wechselseitige Interaktion mit vielfältigen Akteur:innen außerhalb der Wissenschaft anstreben. Auch dies würde den Weg ebnen zu einer öffentlichen Wissenschaft, die von einem wachsenden Teil unseres Fachs unterstützt wird. 

Transformativer Forschung kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Im Gegensatz zu konventionellen Erkenntniswegen begreift sie den Forschungsprozess als transdisziplinäres Unterfangen, das gemeinsam mit nicht-wissenschaftlichen Akteur:innen gestaltet wird. Statt auf linearen Wissenstransfer setzt sie auf einen wechselseitigen Austausch von Wissen, von dem sowohl die Forschung als auch die Praxis profitieren. Ziel transformativer Forschung ist es, wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt aktiv in die Weiterentwicklung ihrer untersuchten Gegenstände einfließen zu lassen und auch aus dieser Interaktion wieder zu lernen. Ihr Fokus liegt nicht allein auf der Generierung von Wissen, sondern auch darauf, dieses Wissen als Katalysator für sozialen Wandel und Innovation nutzbar zu machen. 

In einem laufenden BMBF-Verbundforschungsprojekt erproben wir den transformativen Ansatz anhand des Wissenschaftsjournalismus. In Zusammenarbeit mit der Wissenschaftspressekonferenz (WPK), dem Berufsverband der Wissenschaftsjournalist:innen in Deutschland, begleiten wir den WPK Innovationsfonds für den Wissenschaftsjournalismus, der journalistischen Pionier:innen mit finanziellen Mitteln und Coachings hilft, ihre Innovationsideen in der Branche voranzutreiben. Die transformative Begleitforschung soll Erkenntnisse liefern, die einerseits die Innovationsforschung im Wissenschaftsjournalismus erweitern, andererseits die Ausgestaltung und Weiterentwicklung des Innovationsfonds prozessbegleitend unterstützen. Erste Ergebnisse aus dem Projekt zeigen den Nutzen für beide Seiten: Die Forschung profitiert von einem einzigartigen Forschungssetting, von Impulsen und Kontextwissen der Kooperationspartnerin, um Forschungsfragen und Interpretationen anzuregen. Die Praxis wiederum kann evidenzinformierte Entscheidungen treffen, wobei Wissenstransfer integraler Bestandteil des Forschungsprozesses ist. Allerdings ergeben sich auch neue Kooperationsherausforderungen, etwa die Klärung von Rollen und Verantwortlichkeiten, unterschiedliche Motive und Anreizsysteme der beteiligten Akteur:innen sowie die Abgrenzung eines handhabbaren Forschungsrahmens. 

Transformative Forschung als zusätzlicher Erkenntnisweg steht noch am Anfang. Die Erfahrungen mit öffentlicher, transformativer und transdisziplinärer Kommunikationswissenschaft, die in den letzten Jahren im Fach gesammelt wurden, sollten stärker aufeinander bezogen werden. Aus diesem Grund gestalten Silke Fürst, Larissa Krainer und ich ein Themenheft des Medien Journal, mit dem wir all denjenigen ein Forum bieten wollen, die empirische oder programmatisch- konzeptionelle Beiträge zu dieser Selbstverständnisdebatte leisten möchten. Wir sind überzeugt: Es ist lohnenswert, die Diskussion weiter zu vertiefen. 

Referenzen: 
https://oeffentliche-kowi.org/ https://innovationsfonds.wpk.org/ 

Buschow, C., Noster, A., Hettwer, H., Lich-Knight, L. & Zotta, F. (2024). Transforming science journalism through collaborative research: a case study of the German “WPK Innovation Fund for Science Journalism” JCOM 23(02), N02. https://doi.org/10.22323/2.23020802

Zum Call for Papers: https://netlibrary.aau.at/medienjournal/wiki/call_for_papers