Forschungskollaborationen: Mehrwert, Möglichkeiten und Voraussetzungen

 

 

Von Sophia C. Volk, Universität Zürich

 

 

Carina Weinmann, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

 

 

Gerhard Vowe, CAIS

 

Für die Kommunikationswissenschaft trifft das Klischee des «einsamen Forschers» kaum noch zu: Statt in der Gelehrtenstube findet Forschung heute zunehmend in arbeitsteilig organisierten Teams statt. Die «kollaborative Wende» stellt die Suche nach wissenschaftlicher Erkenntnis vor neue Herausforderungen (Olechnicka et al., 2019, p. 176). In der Diskussion zu Forschungskollaborationen liegt der Fokus meist auf Risiken und Hürden, während die Frage nach den Chancen und Möglichkeiten oft vernachlässigt wird.

Über die Bedeutung von Kollaboration für die KW-Forschung liegen bislang wenige empirische Erkenntnisse vor. Studien aus den Science & Technology Studies und der Science of Team Science lassen darauf schließen, dass Kollaboration die gemeinsame Nutzung von knappen Ressourcen und Fachwissen ermöglicht, Produktivitätsgewinne verspricht und theoretische oder methodische Innovationen fördert. Wir haben fünf Kommunikationswissenschaftler:innen gefragt, worin aus ihrer Sicht der größte Mehrwert von Forschung im Team besteht. Als kognitiver Mehrwert werden der höhere Erkenntnisgewinn und die Erweiterung des eigenen Horizonts gesehen, etwa durch das Kennenlernen von neuen Herangehensweisen und anderen nationalen Forschungskontexten. Den sozialen Mehrwert bilden die Fokussierung auf einen Forschungsgegenstand mit gleichgesinnten Forscher:innen und das wechselseitige Disziplinieren und Motivieren im Team. Abbildung I zeigt, welche positiven Erinnerungen mit kollaborativer Forschung verknüpft sind, etwa Freundschaften oder fruchtbare Projekttreffen.

Abb. I: Positive Erinnerungen

Kollaboration in der KW kann sehr unterschiedliche Gestalt annehmen: Sie kann informell oder formalisiert, zeitlich begrenzt oder dauerhaft, national oder international, monodisziplinär, inter- oder transdisziplinär ausgelegt sein. Es gibt eine große Bandbreite an Förderprogrammen für Kollaborationsvorhaben, etwa durch DFG, BMBF oder EU, aber auch durch Stiftungen, Ministerien und Länder. Abbildung II systematisiert die wichtigsten Fördermöglichkeiten in Deutschland, die Professor:innen und PostDocs nutzen können, indem sie etwa einen Verbund initiieren oder eine Nachwuchsgruppe beantragen. Promovierende können sich als Projektmitarbeitende in allen Kollaborationen beteiligen.


Abb. II:  Fördermöglichkeiten nach Größe und Diversität (Internationalität/Inter- oder Transdisziplinarität) (adaptiert von Kosmützky & Wöhlert, 2021)

Ob kollaborative Projekte erfolgreich beantragt und durchgeführt werden, hängt von vielen Faktoren ab. Wir haben die fünf Kolleg:innen daher nach zentralen Voraussetzungen für gelingende Forschungskollaborationen gefragt (Abbildung III): Essenziell sind demnach ein gutes Team, ein offenes Mindset der Beteiligten, verbindende Kommunikation, innovative Themen, günstige Rahmenbedingungen und ein klarer Plan. Eine wichtige Voraussetzung bei der Zusammenstellung eines Teams ist, dass Mitglieder nicht nur Expertise und gute Ideen mitbringen, sondern auch auf der sozialen Ebene miteinander harmonieren.
Auch wenn die kollaborative Forschung vielfältige Chancen verspricht, ist weitgehend unklar, unter welchen Bedingungen ihre Möglichkeiten genutzt werden. In Zukunft bedarf es empirischer Forschung zu den Besonderheiten von Kollaborationen in der KW. Denkbar wäre hier z. B. Begleitforschung zu laufenden Kollaborationen oder eine Befragung unter DGPuK-Mitgliedern zu Motivatoren, Nutzen und Herausforderungen kollaborativer Forschung. Unser Fach sollte sich insbesondere die Frage stellen, wie eine spezifische KW-Perspektive auf Kollaborationsforschung aussieht und welche Rolle Kommunikation in Teams spielt.

Abb. III: Voraussetzungen für gelingende Kollaboration

Wir hoffen, mit dieser Debatte einen Erfahrungsaustausch anzustoßen und laden herzlich zu Kommentaren auf der DGPuK-Webseite ein: Wie können wir produktiv(er) miteinander kollaborieren und «good practices» aufbauen und teilen?
 

Quellen
Kosmützky, A., & Wöhlert, R. (2021). Varieties of collaboration: On the influence of funding schemes on forms and characteristics of international collaborative research projects (ICRPs). European Journal of Education, 56, 182–199.

Olechnicka, A., Ploszaj, A., & Celinska-Janowicz, D. (2019). The geography of scientific collaboration. Routledge.