Aktualisierte DGPuK-Stellungnahme zur BMBF-Novelle des WissZeitV-Gesetzes (Fassung Juli 2023)

Aus der Fachgesellschaft

Hier finden Sie aktualisierte Stellungnahme des DGPuK-Vorstands vom Juli 2023 zum überarbeiteten BMBF-Referentenentwurf der Novelle des WissZeitVG. Das Positionspapier ist in dieser Form auch dem BMBF zugegangen. 


DGPuK-Stellungnahme zur BMBF-Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes
(aktualisierte Fassung vom Juli 2023)

 

Am 17.03.2023 hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eine Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) vorgestellt, die von der wissenschaftlichen Gemeinschaft einhellig und umfassend kritisiert und infolgedessen bereits kurz darauf zurückgezogen wurde. Insbesondere die Initiative „Profs für Hanna/Reyhan“ fand in der wissenschaftlichen Gemeinschaft großen Widerhall. Die Stellungnahme „Nivellierung statt Novellierung“ wurde bereits von Tausenden von Professor*innen unterzeichnet, die damit ihre Solidarität mit den über 80 Prozent der Mittelbaubeschäftigten, die auf befristeten Stellen tätig sind, bekundet haben.

Als DGPuK-Vorstand haben wir uns an diesem Solidaritätsaufruf im Schulterschluss mit anderen Fachgesellschaften im März 2023 beteiligt. Wir sind der Auffassung, dass Wissenschaftler*innen in frühen Karrierephasen essenzielle Leistungen für das Wissenschaftssystem erbringen und maßgeblich zum wissenschaftlichen Fortschritt beitragen. Dabei ist die Phase von der Promotion bis zu einer möglichen Erstberufung von hohen Risiken, häufigen Einrichtungswechseln sowie von mangelnder Planbarkeit geprägt.

Anfang Juni hat das BMBF nun einen überarbeiteten Referentenentwurf des Gesetzes vorgelegt. Das Ministerium moniert darin, dass die „gegenwärtige Befristungspraxis entgegen der Intention des Gesetzes nach wie vor stark durch insgesamt lange Befristungsphasen, eine erst späte Entscheidung über einen dauerhaften Verbleib in der Wissenschaft und einen immer noch hohen Anteil kurzzeitiger Verträge mit weniger als einem Jahr Laufzeit geprägt ist.“ Wir stimmen dem BMBF zu, dass dies „sowohl negative Auswirkungen für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Hinblick auf die wissenschaftliche Karriere und die individuelle Lebensgestaltung [hat] als auch negative Effekte auf die Leistungsfähigkeit und Attraktivität des Wissenschaftsbetriebs insgesamt.“ Wir sind ebenfalls der Auffassung, dass es Verlässlichkeit und Planbarkeit für eine Karriere in der Wissenschaft braucht – 
nicht nur, um den Wissenschaftsstandort Deutschland zu stärken, sondern vor allem, um aufstrebenden Wissenschaftler*innen eine dauerhafte Perspektive zu geben und damit „Gute Arbeit in der Wissenschaft“ zu ermöglichen.

Allerdings hat das WissZeitVG bisher nicht dazu beigetragen, die prekäre Situation für die Beschäftigten an den Universitäten zu verbessern – und daran ändert auch diese Novelle aus unserer Sicht nichts Grundlegendes. Zwar ist geplant, die Höchstbefristungsdauer studienbegleitender Beschäftigung von sechs auf acht Jahre zu erhöhen (bei einer Mindestvertragslaufzeit von einem Jahr) und für die Qualifizierungsphase vor der Promotion eine Mindestvertragslaufzeit für Erstverträge von drei Jahren festzulegen, für die Phase nach abgeschlossener Promotion will das BMBF allerdings die zulässige Höchstbefristungsdauer auf vier Jahre senken. Eine solche Verkürzung ist kontraproduktiv und führt zu Einbußen bei der Qualifizierung und zu Abwanderung junger Wissenschaftler*innen ins Ausland oder in andere Karrierefelder. Selbst sechs Jahre sind vielfach kaum ausreichend, um sich für eine Professur zu qualifizieren. Dies gilt insbesondere für Mitarbeiter*innen mit Mehrfachbelastung wie z.B. Care-Verantwortung, aber auch für Personen mit nicht-akademischem Hintergrund oder Migrationsgeschichte. Eine weitere Befristung für höchstens zwei Jahre ist nur unter der Voraussetzung zulässig, dass vom Arbeitgeber, also den Universitäten, Hochschulen oder AUFEs eine Zusage für die anschließende Übernahme in ein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis gegeben wird. Für die sog. Anschlusszusage müssen (rechtssicher) auf die jeweilige Position zugeschnittene und v.a. überprüfbare Zielvereinbarungen getroffen werden, die die Anforderungen für die Entfristung transparent machen.

Als Vorstand der DGPuK vertreten wir die Auffassung, dass auch der überarbeitete Entwurf die u.a. von #ichbinhanna oder dem „Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft“ vorgebrachten Kritikpunkte nicht adressiert. Insbesondere die Situation für Wissenschaftler*innen nach der Promotionsphase bleibt prekär. Das vorgeschlagene „4+2-Modell“ für PostDocs baut darauf, dass die Universitäten und Hochschulen eine Anschlusszusage machen. In ihren FAQs [1] zum Thema räumt das BMBF ein, dass „das Gesetz selbst keine unbefristeten Stellen schaffen [könne]“, das sei „Aufgabe der Hochschulen und Forschungs-einrichtungen in ihrer Funktion als Arbeitgeber“. Die Möglichkeit, Anschlusszusagen für unbefristete Beschäftigungsverhältnisse zu machen, setzt aber eine erhöhte Anzahl an Dauerstellen voraus – und das ist nur möglich mit einer entsprechend auskömmlichen Finanzierung der Hochschulen. Zudem stehen nach wie vor die zunehmend drittmittelbasierten Finanzierungsstrukturen (an denen das BMBF maßgeblich beteiligt ist, auch in gestaltender Rolle) dem nachvollziehbaren Wunsch der sich Qualifizierenden nach verlässlichen Stellenmodellen entgegen.

Der Referentenentwurf zur geplanten Novelle des WissZeitVG geht von der Prämisse aus, dass gute Wissenschaft verlässliche Arbeitsbedingungen brauche, um die Planbarkeit und Verbindlichkeit in der Post-Doc-Phase zu erhöhen. Dieser Auffassung schließen wir uns an. Auch das Ziel, in der Wissenschaft Dauerstellen für Daueraufgaben zu schaffen, ist unbedingt erstrebenswert. Es braucht dafür allerdings mehr als eine weitere Novellierung des WissZeitVG, denn auch diese wird nicht mehr unbefristete Stellen schaffen. Stattdessen müssen Perspektiven eröffnet werden für unbefristete Post-Doc-Stellen jenseits der Professur, die politisch gewollt und daher finanziell unterlegt sind. Das Ziel ist daher, darauf hinzuwirken, die Grundfinanzierung von Hochschulen auszubauen, um Entfristungsmodelle, insbesondere in der Post-Doc-Phase, zu ermöglichen. So wünschenswert Dynamik in manchen Bereichen der Hochschule sein mag, so wichtig ist Verlässlichkeit in anderen. Dem steht neben der Lehrstuhlstruktur vieler Universitäten v.a. die zunehmende Abhängigkeit der Hochschulen von Drittmittelfinanzierung (auch für Daueraufgaben) entgegen. Es braucht daher mehr Bund-Länder-Initiativen, die entsprechende Finanzierungsmodelle vorsehen (wie den Zukunftsvertrag Studium und Lehre, das Professorinnen- oder Tenure-Track-Programm) und unbefristete Perspektiven auch neben der Professur ermöglichen.

 

Der Vorstand der DGPuK,
Klaus Meier, Daniela Schlütz, Anna Schnauber-Stockmann, Hartmut Wessler